Über Cystinose
Cystinose im Überblick
Was ist Cystinose?
Cystinose ist eine lysosomale Speicherkrankheit und gehört zu den Seltenen Erkrankungen.
Die Erkrankung ist vererbbar und verläuft progredient, d.h. es handelt sich um eine voranschreitende chronische Erkrankung. Die Schätzungen, wie viele Menschen weltweit von Cystinose betroffen sind, liegen zwischen einer Person von 100.000 und einer Person von 200.000.1 Cystinose kann den ganzen Körper betreffen und sich so auf unterschiedliche Organe und Gewebe auswirken. Die ersten Symptome betreffen häufig die Nieren und treten meistens bereits im frühen Kindesalter auf.1
Ursachen für Cystinose
Der Auslöser für Cystinose sind Mutationen, also Veränderungen, in einem bestimmten Abschnitt des Erbmaterials. Deshalb spricht man von einer vererbbaren Erkrankung. Sie tritt aber nur auf, wenn die Mutation von beiden Elternteilen weitergegeben wird.
Mediziner*innen sprechen in einem solchen Fall von einem autosomal-rezessiven Erbgang.
Was passiert bei Cystinose im Körper?
Die Erkrankung nimmt ihren Anfang in den Lysosomen, den „Recyclinghöfen“ der Zelle. Hier werden körpereigene und körperfremde Materialien abgebaut und zu einzelnen Bestandteilen recycelt. Die kann der Körper dann entweder wiederverwenden oder ausscheiden. Einer dieser Bestandteile wird Cystin genannt. Normalerweise wird das Cystin von einem Transporter, dem Cystinosin, aus den Lysosomen heraustransportiert. Durch die Genmutation ist dieser Transporter jedoch defekt. Dadurch verbleibt das Cystin in den Lysosomen und bildet Cystinkristalle. Diese Kristalle wiederum schädigen die Zellen und damit schließlich unterschiedliche Organe wie z.B. Nieren oder Augen.
Wenn Sie mehr über Symptome und Auswirkungen erfahren möchten, klicken Sie hier.
Cystinose ist nicht gleich Cystinose
Wie Cystinose in Erscheinung tritt und wie sie verläuft, ist sehr individuell und hängt unter anderem von der Form der Erkrankung ab. Insgesamt gibt es drei verschiedene Formen von Cystinose, wobei 95 % der Betroffenen an der sogenannten nephropathischen Cystinose leiden.1 Deshalb finden Sie auf dieser Website vor allem Informationen zu dieser Form der Erkrankung.
Verschiedene Formen der Cystinose
Infantile Form (Nephropathische Cystinose)
Wie bereits erwähnt, ist sie mit etwa 95 % der Fälle die häufigste Form. Sie wird oft in den ersten zwei Lebensjahren diagnostiziert, meistens wegen bereits früh auftretender Nierenschädigungen. Um dem Auftreten eines Nierenversagens entgegenzuwirken, ist es wichtig, die nephropatische Cystinose frühzeitig zu behandeln.
Juvenile Form
Adulte Form (okulär, nicht-nephropathisch)
Diese Form der Cystinose ist die seltenste. Das Cystin wird hier erst bei fortgeschrittenem Alter des*r Betroffenen nicht mehr aus den Zellen abtransportiert. Somit wird die Diagnose erst im Erwachsenenalter gestellt, da sie sich lediglich in einer Ansammlung von Cystin-Kristallen in der Hornhaut äußert. Die Niere und andere Organe sind meist nicht betroffen.
- Nesterova & Gahl; Pediatr Nephrol. 2013;28(1):512–9.
- Gahl et al. N Engl J Med. 2002;347(2):111–121.
Symptome
Cystinose hat viele Gesichter
Auf den ersten Blick sind Cystinosepatient*innen meist kleiner und zierlicher als für ihr Alter üblich und besonders Patient*innen europäischer Abstammung haben oft eine blasse Haut, blaue Augen und blonde Haare. Bei der Cystinose kommt es zur Schädigung verschiedener Organe und Gewebe, weil sich in den Lysosomen der Zellen sogenannte Cystinkristalle bilden. Wenn Sie mehr dazu erfahren möchten, was bei Cystinose im Körper passiert, klicken Sie hier. Besonders früh und stark sind die Nieren betroffen, aber auch die Knochen und Augen werden stark in Mitleidenschaft gezogen. Aufgrund der Nierenschädigung kommt es zudem meist zu einer Wachstumsstörung.
Wie die Erkrankung verläuft und welche Symptome auftreten, ist je nach Form der Cystinose unterschiedlich.
Infantile Form (nephropathische Cystinose)
Mit 95 % der Fälle tritt die nephropathische Cystinose am häufigsten auf.1 Bei dieser Form sind zunächst besonders die Nieren betroffen, wo es zu schweren Funktionsstörungen kommt. Während die Lysosomen die Recyclinghöfe der Zellen sind, sind die Nieren die Filteranlagen des Körpers. Die Patient*innen leiden am Fanconi-Syndrom, das eine komplexe Funktionsstörung sozusagen direkt am Anfang der Filteranlagen darstellt und deswegen besonders schwerwiegend ist. Die Patient*innen scheiden vermehrt Wasser und Elektrolyte aus. Dadurch werden ihre körperliche Entwicklung und ihr Wachstum gestört. Das Fanconi-Syndrom wird im Alltag dadurch auffällig, dass die Patient*innen sehr häufig zur Toilette müssen, um Wasser zu lassen und sie deshalb auch immer viel Durst haben. Da dies zu einer Dehydrierung führen kann, ist es wichtig, dass Betroffene ausreichend trinken – sechs Liter Wasser pro Tag können bei Cystinose normal sein.
Die nephropathische Cystinose ist allerdings keine reine Nierenerkrankung. Gerade im weiteren Verlauf können auch ganz andere Symptome auftreten wie Muskelschwäche, die auch zu Atemproblemen und Schluckstörungen führen kann oder einer Schilddrüsenunterfunktion.
Insgesamt sind Betroffene schneller erschöpft und körperlich weniger belastbar. Eine typische Cystinose-Erscheinung sind auch Augenbeschwerden, wie z. B. Lichtempfindlichkeit, sodass Betroffene häufig selbst an bewölkten Tagen eine Sonnenbrille tragen müssen.
Wie sich nephropathische Cystinose im Laufe des Lebens zeigen kann, sehen Sie hier:
Wenn Betroffene keine angemessene Therapie erhalten, kommt es bereits im Kindes- oder frühen Jugendalter zu einem endgültigen Verlust der Nierenfunktion. Für eine bestmögliche Prognose ist es wichtig, die Therapie so früh wie möglich zu beginnen und diese lebenslang konsequent durchzuführen.
Juvenile Form
Bei dieser Form der Cystinose haben Patient*innen zumeist ähnliche Symptome wie bei der infantilen Form, diese beginnen jedoch erst im späteren Kindes- oder Jugendalter und sind weniger stark ausgeprägt.
Okuläre Form (adulte Form)
Bei dieser Form lagern sich die Cystinkristalle ausschließlich in den Augen ab, sodass auch die Auswirkungen der Erkrankung auf die Augen beschränkt sind. Die Betroffenen sind sehr lichtempfindlich und tragen, wie auch die von der infantilen und juvenilen Form Betroffenen, auch an bewölkten Tagen eine Sonnenbrille.
- Nesterova G, Gahl WA. Pediatr Nephrol 2013;28:51–59
- Gahl et al. N Engl J Med. 2002;347(2):111–121.
Diagnose
So stellt man Cystinose fest
Wer von nephropatischer Cystinose betroffen ist, zeigt bereits früh erste Symptome. Schon im ersten Lebensjahr fallen betroffene Kinder dadurch auf, dass sie besonders viel und durstig trinken und nicht erwartungsgemäß wachsen und an Gewicht zunehmen. Bei den anderen Formen der Cystinose sind die Symptome weniger auffällig, sodass der Verdacht nicht immer gleich auf der Hand liegt. Insgesamt gibt es drei wichtige Diagnosemethoden, die meistens miteinander kombiniert werden.
Blutuntersuchung
Bei einem der wichtigsten Diagnoseverfahren wird die Konzentration von Cystin in den weißen Blutzellen, den sogenannten Leukozyten, gemessen. Der Cystingehalt gibt auch Aufschluss darüber, ob die Behandlung anschlägt und richtig dosiert ist.
Um die Blutzellen zu untersuchen, gibt es verschiedene Methoden. Die Analysen werden in Deutschland in zwei Speziallaboren durchgeführt (Stoffwechsellabor der Medizinischen Hochschule Hannover und Stoffwechsellabor der Universitäts-Kinderklinik Münster).
Spaltlampenuntersuchung
Unabhängig vom Alter des*der Betroffenen werden mithilfe einer Spaltlampe Ablagerungen von Cystinkristallen in der Hornhaut sichtbar gemacht, die für alle Formen der Cystinose ab einem Alter von ca. 1 bis 2 Jahren typisch sind.1,2 Die Ablagerungen in der Hornhaut sind außerdem das erste Anzeichen für die bei Erwachsenen auftretende Erkrankung, die sogenannte adulte Form, die in der Regel nur die Augen betrifft.
Genetischer Test
Durch die Blut- und Spaltlampenuntersuchung ist die Diagnose eigentlich schon klar gestellt. Die endgültige Bestätigung erhält man allerdings, wenn die Ursache der Erkrankung, also die zugrunde liegende Mutation, über einen genetischen Test bestimmt wird. Dieser Test dient also zum einen der Bestätigung der Diagnose, zum anderen um die Mutation näher zu bestimmen, die der Cystinose zugrunde liegt.
- Wilmer MJ, et al. Pediatr Nephrol. 2011;26(2):205–215.
- Nesterova G, Gahl W. Pediatr Nephrol. 2013;28(1):51–59.